von Wolfram Theymann
Pressestelle verbreitet Falschinformationen
Die Stadtverwaltung hat auf unsere Rechnungen zu den Kosten des Wohnens in den Mehrfamilienhäusern entlang der Autobahn reagiert. Geschrieben hat die Pressestelle. Darin sind zahlreiche Falschmeldungen und falsche Unterstellungen enthalten. Auf die wichtigen Punkte gehen wir im Folgenden ein:
Tiefgaragenpflicht
Die Pressestelle schreibt kurz und knapp: Eine generelle Tiefgaragenpflicht im Bebauungsplan existiert nicht. Unsere Behauptung sei also falsch. Im aktuellen Entwurf des Bebauungsplans gibt es gleich mehrere Stellen, an denen die Tiefgaragenpflicht unmissverständlich ausgeführt ist: So heißt es auf Seite 46 „…in den Bereichen Geschosswohnungsbau sind Stellplätze in Tiefgaragen verpflichtend herzustellen“. An anderem Ort heißt es zudem, dass andere Stellplätze unzulässig sind (S. 61, Punkt 7.6). Die Aussage der Pressestelle ist also falsch!
Vom „Märchen“ der Mehrfamilienhäuser als Lärmschutzwand
Die Pressestelle nennt die Bezeichnung des Geschosswohnungsbaus entlang der Autobahn als Schutzwand gegen Lärm ein „Märchen, welches schon mehrfach widerlegt worden sei“. Auf Seite 60 des Bebauungsplans (Punkt 7.4) wird für den Bereich WA4 explizit eine „Bebauung ohne seitliche Grenzabstände zum Zwecke der Lärmabschirmung durch eine Riegelbebauung“ festgelegt. „Somit soll eine durchgezogene Bebauung ermöglicht werden, die einen optimalen Effekt auf die Lärmabschirmung erzielt„. Es handelt sich also um kein Märchen. Die Aussage der Pressestelle ist falsch!
Bewertung unserer Musterrechnung
Die Pressestelle schreibt, unsere Musterrechnung zur Miete basiere auf „pauschalen, überhöhten Werten, ohne jegliche differenzierte Betrachtung“. Das ist falsch! Wir raten, bei den Baukosten mal im eigenen Fachbereich des Bau-und Liegenschaftsamtes oder bei ortsansässigen Architekten anzufragen. Auch in Blick auf das Angebot für den Anbau der Kita Kapellenberg könnte Aufschluss geben. Hier hatte die Stadtverwaltung Baukosten in Höhe von 10.000 Euro pro Quadratmeter nicht kritisch hinterfragt. Unsere Kalkulation mit 4.300 Euro pro Quadratmeter hält sie jedoch für überzogen.
Zu den Finanzierungskosten hilft ein Blick in die Finanzierungskonditionen der KfW-Programme 297-298 sowie eine Anfrage bei Banken zu üblichen 10-Jahresfinanzierungskonditionen. Und die Grundstückspreise? Die Grundstückspreise aus dem Bannholzgraben II lagen auf diesem Niveau.
Die Pressestelle unterstellt, unsere Musterrechnung würde auf überhöhten Werten basieren, führt aber an anderer Stelle selbst auf, dass die Baukosten allein zwischen 2010 und 2024 um 65 Prozent gestiegen sind. Daran trägt die Stadt in der Tat keine Schuld. Allerdings tragen die Auflagen der Stadt mit der Forderung nach Tiefgaragenplätzen, begrünten Dächern und Fassaden und die Begrenzung auf vier Geschosse, auch nicht gerade zur Kostensenkung bei. (Diese Auflagen kritisieren wir im Übrigen nicht. Sie sind überwiegend notwendig für den zukunftssicheren Städtebau!) Die Pressestelle stellt unbelegte Behauptungen auf, die jeglicher Realität entbehren.
„Die Stadt kann die Preise noch senken„
Ja, die Stadt hat die Möglichkeit zu „Konzeptvergabe, Sozialbindungen oder Fördermodellen“ – aber maximal bei eigenen Grundstücken und nicht bei den überwiegend privaten Grundstückseigentümern. Daher hatten wir ja auch die Frage gestellt, wie viele Grundstücke die Stadt schon angedient bekommen hat, um diese Instrumente wirksam anwenden zu können und gefragt, wie die Stadt in der prekären finanziellen Lage diese zu bezahlen plant. Die Aussage der Pressestelle ist hier also nicht falsch, sie sollte dann aber auch ehrlicherweise dazusagen, woher sie das Geld dafür nehmen möchte.
Warum haben wir die Fragen nicht schon früher eingebracht?
Dann wirft man uns vor, wir hätten den offenen Fragekatalog im Rahmen des bisherigen Planungsprozesses bereits einbringen können. Dazu verweist die Stadt auf die formellen Beteiligungsverfahren, Bürgerveranstaltungen, Gremiensitzungen etc. Dazu können wir nur sagen, dass diese und weitere Fragen bereits vor vielen Monaten von der Initiative gegen das neue Baugebiet eingebracht wurden. Hier hatten sich Bürgerinnen und Bürger die Mühe gemacht, ein umfangreiches Informationspaket zu erstellen und an die Stadt, die verantwortlichen Dezernenten als auch an die Stadtverordneten zu schicken. Richtig ist, dass die Stadt von UNS die Fragen noch nicht bekommen hat. Allerdings hat sie die ähnlichen Fragen der Initiative trotz nun monatelanger „Bedenkzeit“ auch noch nicht beantwortet. Die Fragen liegen der Stadt also bereits seit Monaten vor, die Aussage der Pressestelle ist falsch.
Die Stadt baut gar nicht…
Die Stellungnahme enthält noch eine verstörende Bemerkung: „Wer behauptet die Stadt plane teuer, verkennt, dass sie gar nicht baut, sondern die Rahmenbedingungen für private und ggf. gemeinwohlorientierte Bauherrschaften schafft“. Damit haben die dann die Probleme der hohen Kosten für das Bauen. Den Verantwortungsträgern ist es offenbar völlig egal, welche Auswirkungen die Umsetzung der NW II auf die dortigen Grundstückseigentümer und / oder Bauherren hat. Sie nehmen billigend in Kauf, dass das Gebiet auf Biegen und Brechen baureif erschlossen wird und verschiebt alles danach in den wirtschaftlichen Verantwortungsbereich der Privaten. Also kurzgesagt: Das wirtschaftliche Risiko bei den Mehrfamilienhäusern tragen die Investoren, bei den Einfamilienhäusern tragen die privaten Bauherren das Risiko, ob die Lärmschutzwand jemals kommt.
Die Eigentümer und Bauherrschaften sind als letzten Endes selbst schuld, wenn sie die erschlossenen Baugrundstücke kaufen und aufgrund der Rahmenbedingungen am Ende nicht bebauen wollen oder können. Das ist ein merkwürdiges Selbstverständnis einer Stadt. Vielleicht geht es schon gar nicht mehr um die Schaffung von Wohnraum sondern vielmehr um reine Erfolgsmeldung, dass man die „Rahmenbedingungen für private Bauherrschaften“ geschaffen hat.
Und jetzt?
Das Bürgernetzwerk ist kein Bestandteil des Stadtparlaments und kann daher nur außerparlamentarisch zur Diskussion beitragen. Das ist mit unserer Beispielrechnung offenbar gelungen. Das Thema ist in der Diskussion und sogar die Stadtverwaltung hat reagiert. Das tut sie sonst bei vielen Anfragen oder Kritik aus der Bürgerschaft eher nicht.
Die Verantwortlichen Bürgermeister und Erster Stadtrat sollten sich selbstkritisch die Frage stellen, ob es opportun ist, eine Stellungnahme durch die Pressestelle veröffentlichen zu lassen, die so viele, leicht belegbare Unwahrheiten enthält. Will die Stadtverwaltung die Bürger, die sich hier äußern, für dumm verkaufen?
Spannend wird es sein, wie die Verwaltungsspitze reagieren wird und welche Konsequenzen sie daraus zieht. Es gehen sehr viele kleinere Entscheidungen über den Schreibtisch des Bürgermeisters. Daher kann ich mir kaum vorstellen, dass die Pressestelle hier ohne seine Zustimmung oder die des Ersten Stadtrats gehandelt hat.