Die Stadtverwaltung hat sich Gedanken gemacht, was mit dem alten Rathaus passieren soll. Über die Vorgehensweise soll Ende des Monats die Stadtverordnetenversammlung entscheiden.
Bürger sollen auch beteiligt werden, aber – wie so oft bei der Stadt – nur im Wesentlichen durch Informationen, denn das Verfahren ist mit der Planung weitgehend vorgegeben. Wieder einmal verpasst die Stadt die Chance, durch Beteiligung ihrer Bürger eine gute Lösung für alle zu entwickeln. Vorgegeben ist, dass es einen Experten-Wettbewerb geben soll. Bürger dürfen dann irgendwann ihre Meinung sagen, welches der eingebrachten Konzepte sie am besten finden. Entscheiden dürfen sie natürlich nichts.

Kein Wunder, denn eigentlich steht das Ergebnis des aufwändigen Verfahrens schon fest. Eigentlich will man den größten Teil der Grundstücke an Investoren verkaufen. Was werden die Investoren wohl bauen? Einen neuen Stadtpark im Stadtkern mit vielen Bäumen und einem schönen Wasserlauf? Ein kleines Einkaufszentrum? Ein Kultur- und Begegnungszentrum? Irgendwelche tollen Sachen, um die Innenstadt schöner und attraktiver zu machen?
Vermutlich sollen die Investoren das alte Rathaus auf ihre Kosten abreißen, bekommen dafür die Grundstücke günstig und bauen dann teure Wohnungen, die sie dann verkaufen. Jegliche Entwicklungschancen auf eine attraktive Innenstadt, in der man sich gerne aufhält, in der man gemeinsam Feste feiern kann, in der man sich treffen kann, dürften sich damit erledigt haben. Wollen wir das? Ach übrigens: knapp 700.000 Euro soll das Verfahren kosten. Und damit ist noch kein einziger Stein bewegt!
Wir haben nach Bekanntgabe des Verfahrens Bürger und Bürgerinnen nach Ideen gefragt und einige Vorschläge dazu bekommen.
Viele wünschen sich das Rathaus zurück in die Innenstadt, also „…dahin, wo es hingehört…“. So, dass es auch für ältere Menschen gut zu erreichen ist. Idealerweise mit Tiefgarage, die sogar gleich mehrfach genannt wurde. Andere wünschen sich einen Stadtpark, viel Grün, einen Wasserlauf zur Abkühlung, mit Versickerungsflächen und mit dem Verweis darauf, nicht noch mehr Flächen zu versiegeln.
Vorgeschlagen wurde eine Begegnungsstätte für Jung und Alt und mit Raum für ehrenamtliches Engagement. In diese Richtung geht auch der Wunsch nach Veranstaltungsräumen für Vereine und lokale Gruppen, ein Co-Working-Space sowie ein Gründerzentrum für Start-ups.
Wie wäre es mit einem Kindergarten und einem Altenheim unter einem Dach? So ein Konzept können den Austausch zwischen Jung und Alt fördern und für beide Generationen positive Auswirklungen haben. Parkplätze, ggf. in der Tiefgarage, wurden mehrfach genannt, die u.a. für den innerstädtischen Einzelhandel als wichtig erachtet werden. Auch hochwertiger Büroraum für Kanzleien, Praxen oder Agenturen wurde vorgeschlagen.
Erstaunlich ist schon, dass die Antwortenden offenbar ganz andere Vorstellungen haben, als die Stadt. Niemand hat vorgeschlagen, dass man in der Innenstadt vor allem neuen und teuren Wohnraum braucht, damit Leute in der Innenstadt wohnen können. Wobei das Wohnen durchaus Thema war, wenn auch anders. So wurden zum Beispiel Seniorenwohnungen vorgeschlagen, sowie auch Raum für neue Wohnkonzepte wie gemeinschaftliches Wohnen (Co-Housing) oder Mehrgenerationenwohnen, um soziale Integration und Gemeinschaft zu fördern.
Die spannende Frage wird sein, zieht die Stadt hier wieder eine Idee durch und an den Wünschen ihrer Bürger vorbei? So ernst scheint sie es mit Bürgerbeteiligung nicht zu meinen. Dem Konzept nach ist Bürgerbeteiligung nur an unbedeutenden Stellen vorgesehen. Bürger werden allenfalls informiert, von dem, was da geplant wird oder sollen ggf. bei dem Konzeptwettbewerb ihre Meinung äußern dürfen. Bei der Frage, wie es mit der Innenstadt grundsätzlich weitergehen soll, sind die Bürger offenbar wieder mal außen vor!
Wolfram Theymann
Zum Thema Bürgerbeteiligung, wie eine Beteiligung von Bürgern an öffentlichen Entscheidungsprozessen grundsätzlich aussehen kann etc. veranstaltet das Bürgernetzwerk am 25. Juni um 19.00 Uhr in der Kulturscheune einen Fachvortrag. Siehe hier!